Ohne dies
soziologisch oder auf welche Weise auch immer auszudeuten, können
wir durchaus einige Schlussfolgerungen für künftige Gemeinschaften
ziehen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Verallgemeinerungen
hüten, wie man sie mitunter bei occupy-Aktivisten antrifft. Die
vorliegende Klassensituation – und wir müssen bei jeder
Betrachtung davon ausgehen, was gerade da ist – produziert
vorsätzlich in dem hier gedachten Sinn „dumme“ Menschen. Das ist
kein Werturteil, sondern nur Ausdruck dafür, dass den meisten
Menschen nicht wirklich all die Denkstrukturen vermittelt werden, um
für ein Ganzes mitzudenken. Wer die Gesellschaft als Ganzes nicht
begreift, kann zumindest bezogen auf diese „Gesellschaft als
Ganzes“ in keine Richtung steuern. Jener seltsame „Schwarmeffekt“,
nämlich dass eine Gruppe wesentlich bessere Ergebnisse erbringt,
als dies der Summe der einzelnen Mitglieder nach möglich zu sein
scheint, setzt immer eine „elementare Gemeinsamkeit“ voraus. Also
wenn jeder das Gesamtziel „weiß“, organisiert sich die Masse so,
dass die Aussicht auf Erreichen des Ziels am größten ist – in
gewisser Hinsicht tatsächlich „spontan“.
Aber
zur Perspektive.
Schon
im Sozialismus ist die „Notwendigkeit“ weggefallen, dass „der
einfache Mann“ die Funktionsweise der Gesellschaft nicht versteht,
weil er sie dann radikal ändern wollte. Er soll sich im Gegenteil
fürs Ganze verantwortlich fühlen, soll die Solidarität mit ihm
individuell fremden Menschen als nützlich begreifen. Also die
Voraussetzung des Kommunismus wäre, dass die dort lebenden Menschen
wirklich möglichst gut begriffen haben, wie ihre Gemeinschaft
funktioniert. Gleichzeitig fallen jene Elemente des Zusammenlebens
weg, die uns unmittelbar korrumpieren könnten.
Unter
solchen Vorzeichen, versuchte ich schon anzudeuten, verändert sich
auch der technische Charakter der Arbeiten. Tätigkeiten mit
vorsätzlicher Verantwortung wie bei den Holacracy-Beispielen nehmen
zu, solche, bei denen abgestumpfte Massen die Kommandos Macht
besitzender Vorarbeiter ausführen, verschwinden allmählich. So wie
Fließbänder, denen Arbeiter getaktete Handreichungen machen müssen,
durch vollautomatisierte Abläufe ersetzt sein werden.
So wie solche
vereinzelten Organisations-“Wunder“ unter den heutigen
Bedingungen der durch die Warenwirtschaft geprägten Menschen
Insellösungen bleiben werden, so beweisen sie gerade in ihrer
Existenz im eigentlich ungeeigneten Umfeld, dass sie bei geeignetem
zur „Normalität“ werden könnten. Sie werden aber auch dann
nicht die einzige Form des Zusammenarbeitens sein.
Diesem
scheinbar Positiven steht etwas Anderes gegenüber. Wir dürfen trotz
eventuell ähnlicher Erscheinungen das Wesen einer Sache nicht
vergessen. In unserem Sinn besteht das Wesen der Beziehung der Masse
der Menschen zur „Arbeit“ darin, dass sie dem einzelnen zur
Entfaltung seiner Persönlichkeit, seiner Schöpferkraft, seiner
Anerkennung durch andere wünschenswertes Lebensfeld geworden ist.
Sie wurde ihm deshalb Bedürfnis, weil der einzelne hier am
deutlichsten zeigen kann, dass er ein würdiges Mitglied der
Gemeinschaft ist – sich selbst nutzen, indem man anderen nutzt.
Das
ist eine galaktisch weit entfernte Beziehung, erlebt man dies unter
aktuell sich herausbildenden kapitalistischen Vorzeichen. Hier muss
der „Ausgesourcte“, das frei schwebende Humankapital innerhalb
einer Wolke von Bestätigung durch die Vermarktung ihrer
Leistungsfähigkeit Suchenden, sich in ewiger Existenzangst
freiwillig extra intensiv ausbeuten lassen. Die Vereinzelten bilden
sich ein, in ständigem Überlebenskampf gegen andere Prekäre, ihre
Kreativität, ihr Ich zu entfalten, verzichten dabei aber nur eine
sichere Perspektive. Die „kommunistischen Clouds“ beginnen ihre
Flüge bei eben dieser sicheren Perspektive. Sie müssen nicht nach
Überlebensaufträge hasten, um sich eine private Rente kaufen zu
können. Sie können wirklich in jedem Punkt ihres Lebens aus- oder
umsteigen. Das wohl wichtigste Unterscheidungswort lautet
(Existenz-)Angst. Genau die wird sie nicht treiben. Deshalb wird die
Katastrophe für die „Zweiten“ kleiner sein. Sie werden eben
nicht „leer ausgehen“, sondern „dazugehören“ ...
Eine
insgesamt reiche Gesellschaft kann sich eine allgemein größere
Vielfalt von Bedürfnissen erlauben. Das schließt
„Sonderbedürfnisse“ nicht aus. Entscheidend wird aber sein, in
einem extrem langfristigen Prozess eine Bedürfnisstruktur
auszubilden, die wirklich den Ausdruck „allseitig entwickelte
Persönlichkeit“ rechtfertigt.
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