Sonntag, 19. August 2012

Slov ant Gali: Fragen der Bedürfnisse im Kommunismus und ihrer Befriedigung (1)


Wie „realistisch“ ist eine Formel „Jedem nach seinen Bedürfnissen“?
Ich gehe an die Sache heran wie der Indianer, der sagte, Mensch kann kein Stück von Mutter Erde besitzen, und der trotzdem, nein, gerade deshalb schonend mit all dem umgegangen ist, was diese Mutter Erde ihm gewährte.
Dass ich die Frage aufwerfen muss – auch linke Kritik zwingt mich dazu – liegt eben an unserem Denken, das selbst bei Linken von aktuellen Verhältnissen, also unserem Verständnis ausgeht. Also immer wieder: Nach kommunistischen Prinzipien allgemein zusammenzuleben, setzt Bedingungen voraus, die wir zuvor schaffen müssen - solche, die uns teilweise sogar seltsam vorkommen, und solche, die heute einige Menschen bereits angedacht haben.

Wir müssen beim Grundproblem beginnen, was „Bedürfnisse“ sind und wie sie entstehen. Unterscheiden sollten wir „elementare Bedürfnisse“ und solche „gesellschaftlicher Natur“. Elementare Bedürfnisse sind von der Natur vorgegeben. Wenn der Körper Energie braucht, dann „produziert“ er Hunger, wenn Flüssigkeit erforderlich ist, Durst; „irgendetwas“ muss gegen das Frieren gemacht werden, die Fortpflanzung der Menschheit ist mit sexuellen Reizen verbunden, ohne dass ein einziger Sexualpartner auf der ganzen Welt dabei an die „Fortpflanzung der Menschheit“ denken muss.


Alle anderen Bedürfnisse sind „gesellschaftliche“ - selbst solche, die sich auf die Qualität der Befriedigung der elementaren beziehen. Dem Hunger ist es egal, ob er durch Fleisch eines toten Rehs, Kartoffeln, Reis … oder Kaviar befriedigt wird. Es gibt natürlich Übergänge. Für eine „Rundumentwicklung“ wäre es das Beste, sich abwechslungsreich zu ernähren und regelmäßig auf bestimmte Inhaltsstoffe zu achten. Das Niveau der Befriedigung elementarer Bedürfnisse muss für den Kommunismus weltweit auf relativ hohem Niveau gesichert sein. Es darf im weitesten Sinne niemand „hungern und frieren“ müssen – und zwar bedingungslos kein Mensch. Es gibt seriöse Untersuchungen, die dies bereits heute technisch für machbar halten. Wenn ein gebildeter Europäer von „Bedürfnissen“ spricht, denkt er aber meist nicht an die elementaren. Er geht bereits davon aus, dass die befriedigt sind, weil er es im Gegensatz zu Bewohnern der „dritten Welt“ nicht anders kennt.

Schwieriger ist es mit den gesellschaftlich beeinflussten Bedürfnissen. Dort wirken Mechanismen, die wir uns heute schwer wegdenken können, um den Kommunismus zu verstehen, aber zumindest teilweise wegdenken müssen. Den wichtigsten dabei nenne ich vereinfachend „Neid“. Ich würde es für den heute entscheidendsten Antrieb nach dem Elementaren ansehen, dass viele Menschen etwas deshalb besitzen möchten, weil sie wissen, dass Andere es schon haben. Dieser „Neid“ lässt sich in Marxscher Weise noch weiter auseinandernehmen: Zuerst muss ein begehrbares Gut vorhanden sein. Das Begehren nach kernlosen Apfelsinen hielt sich in Grenzen, solange alle wussten, dass es keine gab. (Die störenden Kerne regten „nur“ die Fantasie an, wie schön es wäre, wenn es kernlose Früchte gäbe).
Zum Wesen klassenorientierter Marktwirtschaften gehört das bewusste Wecken des Besitz-Begehrens. Der, der ein beliebiges Gut zur Profit bringenden Ware machen will und muss, will unabhängig von allem Anderen (und sei es die Gefährdung der Gesundheit der Käufer), dass genau sein Gut Anerkennung als Ware findet, er es verkaufen kann. Deshalb drängt er es potentiellen Kunden auf verschiedene Weise auf. Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse unterliegt jeder Mensch (in jeder Gesellschaft) einem andauernden Anpassungsdruck. (Besonders drastisch ist dieser Druck natürlich dort, wo man besonders eng einer Normen bildenden Gruppe angehört, wenn die Anderen zum Beispiel wissen, wer das gerade angesagte Handy NICHT hat.)

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